Samstag, 3. Oktober 2009

Warum Wowereit falsch liegt

In einem heute erschienenen Interview im Tagesspiegel fordert Klaus Wowereit die Abkehr von der Rente mit 67. Laut Exit Polls war sie für bisherige SPD-Wähler ein wichtiger Ausschlaggeber letzten Sonntag eine andere Partei zu wählen oder einfach zuhause zu bleiben. Nicht verwunderte es daher, dass FDP, Linke und Grüne mit dem Versprechen einer Revision der Rente mit 67 in den Wahlkampf zogen. Auch in der SPD gab es vereinzelt Stimmen, die Reform auf den Prüfstand zu stellen. Jedoch wurden derartige Vorstöße wiederholt im Keim erstickt.

Jetzt ist wieder alles offen. Die SPD liegt am Boden und der linke Flügel versucht die Partei in genau jene Richtung zu drängen - Abschied von der Rente mit 67 inklusive. Sollte es gelingen, wird das Glaubwürdigkeitsproblem nicht verschwinden und zudem wäre ein fatales Signal für die jungen Menschen im Land gesetzt.

Seit Gründung der Bundesrepublik steigt die Lebenserwartung ihrer Bürger jedes Jahr an. 1970 bezog ein Mann nach Vollendung des 65. Lebensjahres durchschnittlich 12 Jahre Rente, eine Frau 15 Jahre. Heute sind es bereits 16 Jahre für Männer und 20 Jahre für Frauen. Jedoch beziehen die Ruheständler nicht nur länger Rente, sondern sind auch zunehmend fitter als diejenigen, die vor 40 Jahren in Rente gingen.

Deswegen war und ist die Anhebung des Renteneintrittsalters der einzige Weg, um die Rente langfristig zu sichern und gleichzeitig die Beitragszahler nicht übermäßig zu belasten. Gerade wegen der steigenden Lebenserwartung ist sie gegenüber den meisten zukünftigen Rentnern zudem auch nicht unfair. Dass für Arbeitende mit körperlich zehrenden Berufen Sonderregelungen eingeführt werden müssen, steht außer Frage. Alle, die jedoch die pauschale Abkehr von der Rente mit 67 fordern, kennen entweder die Fakten nicht oder betreiben schlichten Populismus.

Zu denen gehört nun anscheinend auch Klaus Wowereit, dessen SPD-Landesverband größere Verluste als anderswo einstecken musste. Selbst wenn es sich nur um ein Manöver für 2013 handeln sollte, ist Wowereits Verhalten einfach unverantwortlich. In der Verantwortung stehende Spitzenpolitiker müssen zu politischen Entscheidungen ohne Alternative - und dazu gehört die Rente mit 67 - stehen.

Eine letzte Anmerkung an Herrn Wowereit und alle anderen Kritiker: Das Renteneintrittsalter wird nicht bei 67 Jahren verharren. Es wird weiter angehoben werden oder durch ein variables Eintrittsalter mit fixer Bezugsdauer ersetzt werden müssen.

Die Diskussion sollte sich daher nicht um eine Rückkehr zur Rente mit 65 drehen. Stattdessen muss überlegt werden, wie der Anstieg des Renteneintrittsalters sozial gerecht gestaltet werden kann. Das schulden wir den zukünftigen Rentnern und den jungen Menschen in diesem Land, alles andere wäre verantwortungslos und unglaubwürdig.

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