Donnerstag, 1. Dezember 2011

Gefühlte Stärke

Die SPD ist wieder da! Ein Satz, den Spitzengenossen dieser Tage gerne über die Lippen bringen. Warum auch nicht? Schließlich hat sich die Sozialdemokratie von ihrem Tiefpunkt im Jahr 2009 auf beeindruckende Weise erholt. An Rhein und Ruhr hat es 2010 sogar für das schlechteste Wahlergebnis seit 1954 gereicht und die CDU konnte man selbstverständlich nicht abhängen. Seit diesem überwältigenden Sieg, läuft es auch bundesweit hervorragend: Laut Forsa liegt die SPD mit 25 Prozent nur 10 Punkte hinter dem inhaltslosen Merkel-Wahlverein und dass die Demoskopen um Genosse Güllner den Sozialdemokraten zwei Tage vor ihrem historischen Absturz bei der letzten Bundestagswahl auch 25 Prozent vorhergesagt hatten, ist allenfalls Makulatur. Die SPD ist wieder da!

Oder so.

Mag sein, dass Forsa ein statistischer Ausreißer ist. Dennoch wird man den Eindruck nicht los, dass sich der "gefühlte Sieg" in Nordrhein-Westfalen in eine gefühlte Stärke der gesamten Partei verwandelt hat. Ob es mehr als ein Gefühl ist, wird sich spätestens 2013 zeigen. Bis dahin sollte sich die SPD darauf besinnen, dass die Schwäche der Anderen per se keine eigene Stärke bedeutet. Was wenn Union und FDP plötzlich harmonisch regieren? Was wenn die Grünen einen neues Dauerbrenner-Thema finden? Was wenn die Linke ihre bitteren innerparteilichen Konflikte hinter sich lässt? Was wenn die Piraten zur attraktiven Vollprogramm-Partei werden? Ob man im Willy-Brandt-Haus dann noch immer "Die SPD ist wieder da!" rufen könnte, kann derzeit bezweifelt werden.

Man darf gespannt sein, ob die Delegierten sich auf dem heute beginnenden Bundespartei ebenfalls in Selbstbeweihräucherung üben oder klar machen, dass die strukturelle und inhaltliche Neuaufstellung der Sozialdemokratie kein Sprint sondern ein langer und anstrengender Marathon sein wird.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen